Freitag, 30. September 2011

Katerina Polodjan - "In einer Nacht, woanders"

Titel: "In einer Nacht, woanders"
Autor: Katerina Polodja
Verlag: Rowohlt Berlin
Seiten: 176
ISBN: 3871347175
Preis: 16,95 € (Hardcover)
Erscheinungsdatum: 16. September 2011












In einem Satz:
Ein Roman, bestehend aus einem einzigen Gedankenfluss, geschrieben ohne Absätze oder wörtliche Rede - die Geschichte ist gut, aber der Lesespaß fraglich. 

Inhalt:
Mascha lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr in Berlin, geboren wurde sie aber in Russland, in einem kleinen Ort in der Nähe von Moskau. Und genau an diesen Ort kehrt sie mitten in der Nacht zurück um das Haus ihrer kürzlich verstorbenen Großmutter zu verkaufen. Dort trifft sie auf Pjotr, auf ihre Vergangenheit, viele alte Erinnerungen und einige neue Fragen ...

Meine Meinung:
170 Seiten sind nicht viel um ein halbes Leben zu erzählen. Und so erfährt man als Leser Häppchenweise, eingewoben in die aktuellen Gedanken und Erlebnisse der Erzählerin, kleine Details und große Zusammenhänge aus Maschas Leben. Aus ihrer Sicht erzählt, ganz als ob man als kleines Männlein in ihrem Kopf säße, erlebt man mit ihr ihre Anreise nach Russland, aber auch jeden kleinen Gedanken, den sie mit den einzelnen Erlebnissen vebindet. Unentwegt wird dabei in den Zeiten gesprungen um kleine Anekdoten aus verschiedenen Zeiten ihrer Vergangenheit zu erzählen, aber auch von kleinen Fantasien die sie sich als Kind erdacht hat.

Stilistisch ist "In einer Nacht, woanders"  wirklich eine Herausforderung. Der gesamte Text wurde komplett ohne Absatz gedruckt. Ab und an gibt es einen Zeilenumbruch, aber es kann auch vorkommen, dass Seitenweise nicht ein Umbruch kommt. Damit könnte man leben, denke ich, wenn es sich um einen Roman mit normalem Roten Faden handeln würde, in dem eine Geschichte einfach von A nach B erzählt wird. Da die Geschichte hier aber aus lauter Gedanken- und Zeitfetzen besteht, von denen sich auch mal bis zu vier auf einer Seite tummeln können, wird es unsagbar schwer, dem Inhalt zu folgen, ohne ins Stocken zu geraten. Zusätzlich erschwerend ist die Tatsache, dass die wörtliche Rede nicht genutzt wird, also die wohlbekannten und geschätzten Gänsefüßchen fehlen. Oftmals merkt man so erst am Ende eines Satzes durch ein "..., sagte er" dass jemand gesprochen hat. Im darauffolgenden Satz stellt man dann fest, dass man schon mit dem zuvor Gesagten eigentlich wieder in einer anderen Zeit ist. Für Kopfkino ist dabei kein wirklicher Platz.

Besonders gegen Ende gewinnt das Chaos dann die Oberhand und ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich es wirklich richtig verstanden habe. Jeden zweiten Satz hätte ich eigentlich doppelt lesen müssen um dann am besten das Ende nochmal komplett zu wiederholen. Aber das war mir dann ehrlich gesagt auch zu viel. Das was auf den ersten Blick verständlich war, habe ich so hingenommen, und den Rest habe ich mir selbst zusammengereimt - ob nun richtig oder nicht. Mir war es kaum noch möglich Fantasie und Realität der Protagonistin auseinander zu halten und ich befürchte so manche Details lassen sich auch nach mehrmaliger Lektüre nicht ergründen.

Positiv muss ich noch anmerken, dass ich den Schreibstil der Autorin sehr mochte, und auch die Art und weise, wie sie den Figuren Vergangenheit und Charakter gegeben hat. Umso enttäuschter bin ich über den katastrophalen Aufbau des Romas. Ich werde mir den Namen der Autorin auf jeden Fall merken und mal schauen, ob beim nächsten Roman eine andere Form gewählt wird. Es hätte wirklich ein tolles Buch werden könne, aber bei so enormen formellen Fehlern kann ich leider nicht mehr als drei Kronen vergeben. Ich hatte mir wohl einfach zu viel erhofft und es gibt bestimmt auch einige Leser, denen genau dieser Aufbau gefällt.



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