Freitag, 20. Januar 2012

Felix J. Palma - "Die Landkarte der Zeit"

Titel: "Die Landkarte der Zeit"
Autor: Félix J. Palma
Verlag: Kindler
Seiten: 720
ISBN: 3463405776
Preis: 24,95 € (Hardcover) /  9,99 € (Taschenbuch)
Erscheinungsdatum: 17. September 2010












In einem Satz: 
Viel zu langatmig, zu vorhersehbar und zu breit ausgewalkt.

Inhalt:
Drei verschiedene Geschichten, die sich alle mehr oder weniger um das Thema Zeitreise drehen und die locker miteinander verwoben sind: Andrew, der eine Prostituierte zu lieben lernt und an deren Tod fast zerbricht, Claire, die sich auf Zeitreise begibt und dort den Mann ihrer Träume trifft und ein mysteriöser Mordfall der aufgeklärt werden muss. Alle Handlungsstränge laufen immer wieder bei "Zeitreisen Murray" und H.G. Wells zusammen und die Frage, die sich durchweg stellt ist: Gibt es Zeitreisen wirklich?

Meine Meinung:
Mein erster Gedanke, nachdem ich die 720 Seiten hinter mich gebracht hatte war: Ist nicht sein Ernst, oder?! Der Klappentext klang wirklich vielversprechend und ebenso zeugte die Leseprobe von einem ansprechenden Schreibstil. Allerdings hält der Roman bei weitem nicht, was der Klappentext verspricht. Ich erwartete einen vertrackten und spannenden Zeitreiseroman, der mich durch die verschiedenen Epochen schickt und Grenzen überwindet. Was ich bekam, war eine Mogelpackung.

Der Schreibstil ist der Sprache des 19. Jahrhunderts in England angepasst. Manchmal halt etwas hochgestochen und geschwollen, aber doch immer angenehm. Also konnte ich schön flüssig draufloslesen und mich in diese Zeit hineinziehen lassen. Soweit, so gut. Ziemlich schnell habe ich mich aber gefragt, wo denn nun der Zeitreise-Faktor bleibt und worauf der Autor überhaupt hinaus will - nach 200 Seiten fragte ich mich das dann irgendwie immernoch. Zwar wird eine Firma namens "Zeitreisen Murray" ins Spiel gebracht, aber da diese ins Jahr 2000 reist und dort der finale Kampf zwischen Menschen und Maschinen statt finden soll, verrate ich wohl nicht zu viel, wenn ich sage, dass schon an dieser Stelle klar wurde, dass man es hier nicht mit echten Zeiteisen zu tun hat, was ich an sich schon enttäuschend fand. Nervig wurde es dann aber erst, als der Autor auch nach weiteren 300 Seiten immernoch an der Illusion festhielt, dass es sich um echte Zetreisen handle und dann erst irgendwann die "große Enthüllung" vollführte! Ganz ehrlich, so blöd sind wir Leser nun auch nicht!

Auch der zweite Teil der Geschichte war weder spannend noch herzergreifend. Die Figuren wurden komplett totgeredet, ohne dass man wirklich Gefühl für sie entwickelte. Die Geschichte war einfach nur endlos in die länge gezogen und bestand zu einem Großteil aus den Briefen, die Claire sich mit ihrem Geliebten schrieb. Zeitreise? Fehlanzeige! Und ich fragte mich einmal mehr, wozu das jetzt gut war.

Im dritten Teil sollte es, laut manch anderer Rezension, teilweise spannender werden, also hielt ich tapfer durch, obwohl ich den Roman eigentlich lieber aufgegeben hätte. Leider wurde es nicht spannender, allerdings versteckte sich in den (geschätzten) letzten 50 Seiten doch tatsächlich der Roman, den ich mir gewünscht hätte. Unglaublich, aber das eigentlich erwartete Zeitreisethema wurde einfach in einem elendig langen Brief abgehandelt und alle Fakten und Irrwege der Zeitreisen plump runtergebetet. Die Krone hat der Autor dem ganzen aber auf der letzten Seite aufgesetzt, auf der er sich noch einmal selbst erklären musste, wie der Roman denn zu verstehen sei.

Ich fühlte mich veräppelt und fand das Ende einfach nur dreist. Es erinnerte mich ein wenig an "Des Kaisers neue Kleider" als der Autor behauptete, dass man schon schon intelligent genug sein müsse, das Buch aus einer bestimmten Sicht zu lesen, um es wirklich geniessen und verstehen zu können. Nein, lieber Herr Palma, als Autor sollte man die Fähigkeit besitzen, einen Roman zu schreiben, für dessen Genuss der Leser nicht vorher das Gehirn ausschalten und alles Wissen über Bord werfen muss. Aber scheinbar funktioniert es, denn anders kann ich mir die vielen guten Kritiken nicht erklären. Einmal durch alles durchgewühlt und am Ende den Erklärungssatz lesend, scheinen viele sich wirklich gesagt zu haben, dass es ja nun alles Sinn ergebe - tut es auch, aber das ändert nichts daran, dass die restlichen 715 Seiten teils vollkommen sinnlos, langweilig und somit alles andere als große Literatur sind.

Um noch zu erklären, warum das Buch dennoch zwei Kronen von mir bekommt, sei gesagt, dass der Schreibstil an sich schön zu lesen ist und wirklich wunderbar in dieser Zeit passt. Wäre das nicht gewesen, hätte ich es wohl nie geschafft dieses Buch zu beenden. Außerdem fand ich die schmalen Linien, die sich zwischen den einzelnen Geschichten immer mal wieder kreuzten, interessant und hätte mir gewünscht, dass daraus ein noch größerer Aufhänger gemacht worden wäre.


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