"Drüberleben"
von Kathrin Weßling
Verlag: Goldmann
Seiten: 320
ISBN: 978-3442312849
Preis: 16,99 € (Hardcover)
Erscheinungsdatum: 3. September 2012
In einem Satz:
Ein tiefgründiges und äußerst bewegendes Debüt, das immer wieder überrascht, auffällt und vollkommen überzeugt.
Inhalt:
Ida ist nicht verrückt, sie ist traurig. So traurig, dass sie kaum mehr isst, den Tag am liebsten verschläft, selten das Haus verlässt und nur zu gerne dem Alkohol zuspricht, um zu vergessen. Doch am Tiefpunkt angekommen gibt es für sie nur einen Ausweg: die Psychiatrie. Es ist nicht ihr erster Aufenthalt in einer Klinik, um ihre Depressionen zu behandeln, doch sie hofft, dass es ihr letzter sein wird.
Meine Meinung:
"Drüberleben" ist ein Buch, das den Leser fesselt, den Atem anhalten lässt und manchmal auch einfach umhaut. Es ist so wortgewaltig und voller Metaphern, dass ich lange brauchte, bis ich es durchgelesen hatte - nicht weil es so schlecht war, nein, ganz im Gegenteil, ich wollte einfach nur nichts verpassen, jedes einzelne Wort aufsaugen und das ließ mich langsamer lesen als gewöhnlich.
So oft, wie nie zuvor habe ich einzelne Sätze oder ganze Absätze mehrfach gelesen, weil ich einfach wahnsinnig fasziniert vom Schreibstil der Autorin war. Sie nutzt Metaphern wie andere Menschen Messer und Gabel und findet für jeden von Idas verworrenen Gedanken genau die richtigen Worte um den Leser in ihre Seele blicken zu lassen und ihn damit direkt zu berühren.
Als Leser lernt man Ida direkt an ihrem Tiefpunkt kennen, der so tief ist, dass sie sich selbst in eine psychiatrische Klinik einweisen lässt. Man erfährt, was sie dort erlebt, wie sie therapiert wird, vor allem aber erfährt man, wie sich Ida bei all dem fühlt und Stück für Stück deckt sich auf, was sie in ihre Depressionen stürzen ließ. Mit jedem Satz fühlte ich noch mehr mit Ida, die nicht perfekt ist und auch nicht immer richtig handelt - aber ist es nicht genau das, was einen Menschen ausmacht (und damit auch einen wirklich guten Protagonisten in einem Roman)?
Die übrigen Figuren bleiben teilweise etwas blass, was mich aber ausnahmsweise nicht wirklich störte, denn sie werden genug beschrieben, um Idas Geschichte voranzubringen und das reicht in diesem Fall. Die meiste Zeit befindet man sich eh "in Idas Kopf" und bekommt ihren Gedankensalat serviert, der immer mehr Abgründe offenbart.
An manchen Stellen lässt die Autorin die Worte und Satzteile wie aus einer Schnellfeuerwaffe auf den Leser hageln, an anderen Stellen wird es wiederum sehr ruhig, eben so wie Ida sich gerade fühlt. Man hat das Gefühl, dass die Sätze vollkommen ungefiltert aus Idas Kopf sprudeln und doch ahnt man zugleich, wie viel Arbeit und Genialität in jedem einzelnen von ihnen steckt.
Besonders gut gefallen hat mir auch Idas sarkastischer Humor, der die eine oder andere Stelle auflockerte, aber auch zeigte, wie sehr sie sich hinter selbigen versteckt, wenn es darum geht, ihren Problemen auf den Grund zu gehen.
Für mich ist "Drüberleben" eines der besten Debüts, das ich dieses Jahr lesen durfte und ich hoffe, dass wir von Kathrin Weßling noch mehr hören werden.
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