Arthur ist alt. Also so richtig alt und gebrechlich, doch sein Mundwerk
funktioniert wie eh und je und schleudert den angeheuerten Pflegekräften
eine Beleidigung nach der anderen entgegen, sodass es keine lange
aushält. Um den grantigen Alten nicht mit ins eigene Haus holen zu
müssen, bietet die Mutter von Royce ihm an, sich für ein angemessenes
Gehalt die Ferien über um seinen Großvater zu kümmern. Vom Geld gelockt
sagt der 16jährige Royce zu und kümmert sich um seinen schrulligen, ihm
bisher unbekannten Großvater. Royce wächst mit seiner Aufgabe,
arrangiert sich mit Arthurs Lebensstil und darf sogar seinen alten
T-Bird fahren. Er lernt aber auch, dass sich unter der harten Schale des
alten Mannes eine abwechslungsreiche Lebensgeschichte verbirgt …
„Arthur – oder wie ich lernte, den T-Bird zu fahren“ ist ein großartiges
Buch. Eigentlich hatte ich keine sonderlich hohen Erwartungen an die
Geschichte. Ich rechnete mit lustigen, schrulligen Episoden des
Zusammenlebens von zwei ganz unterschiedlichen Generationen, aber mit
mehr eigentlich nicht. Lustige Unterhaltung für zwischendurch und mehr
nicht. Hinter der spaßigen Fassade verbirgt sich aber eine absolut
gefühlvolle Geschichte mit Tiefgang, die aber auch nicht ermahnend oder
kitschig wird.
Was mich am meisten überzeugte, war der außergewöhnliche Schreibstil.
Die Autorin schreibt treffsicher, mit einem tollen Händchen für
Situationskomik, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Oft musste ich nicht
wegen der Situation selbst schmunzeln, sondern eher wegen der
sprachlichen Umschreibung und dem dadurch entstehenden Kopfkino. Die
einzelnen Szenen werden dabei kurz und knackig erzählt, sodass mehrere
Monate auf den knapp über 200 Seiten dicht zusammenrücken.
Ebenso haben mich die Charaktere überzeugt. Arthur ist der grummelige
Alte, der zwar auch seine weichen Momente hat, aber am Ende doch noch
undurchsichtig bleibt. Viele Jahre hat er hinter sich und man merkt ihm
an, wie das Leben und auch seine Krankheit seine Spuren hinterlassen
haben, ohne dass man aber alles über ihn weiß. Man kann oft nur
vermuten, was ihn so werden ließ, wird teilweise aber auch aufgeklärt.
Royce hingegen hat mich positiv überrascht. Klischeemäßig hätte er
eigentlich ein aufsässiger, stinkend fauler Jugendlicher sein müssen,
der durch die Arbeit bei dem Alten geläutert wird und plötzlich seinen
Sinn im Leben findet. Aber so ist es nicht. Er ist ein
durchschnittlicher Jugendlicher, der die Arbeit bei Arthur freiwillig
annimmt und auch verantwortungsvoll erledigt – aber er ist auch
durchschnittlich faul und fängt nicht auf einmal an, das ganze Haus zu
putzen oder ähnliches. Er wird nicht mittendrin in irgendeiner Form
geläutert. Er ist durchweg normal, aber verfügt über einen gewissen
Sarkasmus, was seine Sicht der Dinge sehr lesenswert macht.
Nach dem Äußeren geurteilt hätte ich nicht mit einem Roman gerechnet,
der mich so berührt. Gerade die klare Sprache und die Alltäglichkeit der
meisten Situationen schaffen es, Lebensnähe zu vermitteln und den Leser
direkt zu berühren. Für mich war dieses Buch definitiv eine positive
Überraschung und ich werde es wohl noch einige Male weiterempfehlen.
Verlag: DTV
Seiten: 240
ISBN: 978-3423650014
Preis: 13,95 € (Taschenbuch)
Erscheinungsdatum: 1. Oktober 2013
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