Dienstag, 19. März 2013

Neal Shusterman - "Vollendet"




























Irgendwann in der Zukunft ist es Eltern verboten, ein ungeborenes Kind abzutreiben, aber sie haben die Möglichkeit es ab dem 13. Lebensjahr "wandeln" zu lassen. Dabei werden die einzelnen Körperteile des Jugendlichen genutzt, um anderen Menschen das Leben zu retten oder angenehmer zu machen. Für die "Wandler" soll es eine vollkommen schmerzlose Prozedur sein, doch als Connor von seinen Eltern zum Umwandeln geschickt werden soll, beschließt er zu fliehen, denn er will sein Leben nicht einfach beenden lassen ...








Die Inhaltsangabe von "Vollendet" klingt nach absoluter Science-Fiction. Jugendliche, die wie Frankensteins Monster einfach auseinandergenommen und woanders rangebaut werden? Eltern, die ihre eigenen Kinder einfach für so etwas hergeben? Wie viel Ideologie muss in diesen Menschen stecken, oder wie verzweifelt müssen sie sein?

Neal Shusterman nähert sich der Geschichte gleich aus mehreren Blickwinkeln und schafft so eine Atmosphäre, die es ermöglicht, die Geschichte wirklich als möglich anzusehen. Der Leser folgt zum einen Connor, dem typischen Rüpel, der seinen Eltern irgendwann über den Kopf wuchs. Das typische Kind, das keiner mehr will und das deshalb zum Umwandeln abgeschoben wird. Denn das ist ja gesellschaftlich anerkannt, man tut den Menschen damit sogar etwas Gutes. Zum anderen ist da Lev, dessen Eltern einer religiösen Gemeinschaft angehören und die ihren 10. Sohn daher der Umwandlung opfern. Und da ist Risa, die als Vollweise ohnehin schon dem Staat gehört und keine eigenen Rechte hat.

Diesen drei Jugendlichen folgt man erst abwechselnd, dann eine weile gemeinsam und irgendwann trennen sich die Wege auch wieder und jeder zeigt für sich einen möglichen Werdegang dieser jungen Verurteilten auf. Jeder erzählt seine ganz eigene Geschichte und jeder entwickelt sich anders und das macht für mich die größte Stärke dieses Romans aus - die menschliche Seite und der Blick hinter die Fassade.

Die Grundidee dieses Buches ist schrecklich, aber der Autor schafft es, das Thema so einfühlsam zu erzählen, dass es durchaus ein Jugendbuch bleibt, auch wenn eigentlich das Zerstückeln von Menschen das Grundthema ist. Es werden viele Fragen an die Menschlichkeit und die Moral aufgeworfen. Manchmal sehr offensichtlich, aber oft auch unterschwellig, wenn man einfach spürt, wie es den Jugendlichen geht, die damit zu kämpfen haben.

Für mich ist diese Zukunftsvision reine Fiktion (hoffe ich jedenfalls), aber es ist ein Gedankenspiel, das über viele Fragen auch heute schon nachdenken lässt. Zum Beispiel die Würde eines Menschen oder ab wann ein Leben lebenswert ist (und ist es das nicht immer?). Darf man ein Leben über ein anderes stellen? Wer darf so etwas entscheiden?
Also lesen und nachdenken!




Verlag: Sauerländer
Seiten: 432
ISBN: 978-3411809929
Preis: 16,99 € (Hardcover)
Erscheinungsdatum: 1. August 2012

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