Dienstag, 28. Januar 2014

Anna Seidl - "Es wird keine Helden geben"
























Ein Amoklauf verändert in wenigen Minuten alles in Miriams Leben. Ihr Freund wird erschossen und sie selbst wird angeschossen, als einer ihrer Mitschüler durchdreht und völlig wahllos andere Schüler erschießt. Was nur wenige Minuten dauert hinterlässt jedoch tiefe Spuren und Miriam muss lernen, mit dem Erlebten umzugehen und wieder nach vorne zu schauen.







Amoklauf an Schulen ist (leider) ein sehr aktuelles Thema, daher war ich gespannt auf dieses Buch und darauf, was es mir über den Umgang mit einer solchen Situation erzählt. Die Autorin war selbst erst 16 Jahre alt, als sie dieses Buch geschrieben hat, weshalb ich mir einen einzigartigen Einblick aus Teenagersicht erhoffte, denn vieles wird in diesem Alter ja doch anders wahrgenommen.

Nun stellt mich das Alter der Autorin aber vor ein ganz anderes Problem: Ich fand das Buch insgesamt unausgereift, als Schreibleistung einer 16-jährigen aber außerordentlich gut. Wie bewertet man das nun? Ich habe mich dafür entschieden, das Buch so zu bewerten, wie ich es getan hätte, ohne das Alter der Autorin zu kennen, denn im Endeffekt zählt mein Lesegefühl und das war nicht immer das Beste. Dennoch möchte ich voranstellen, dass einige tolle Aspekte im Buch zu finden sind, die zeigen, dass die Autorin Talent zum schreiben hat. Mit etwas mehr Erfahrung (die sicher noch kommt), werden sicher noch einige tolle Bücher entstehen.

Nun aber zu diesem Erstlingswerk. Ich wurde auf den ersten Seiten förmlich in das Buch gezogen. Nicht ein Wort wird am Anfang über Miriams bisheriges Leben erzählt, sondern man landet mit ihr zusammen direkt im Amoklauf. Man hört die Schüsse, spürt die Angst und hält den Atem an. Ein grandioser Start! Anschließend nimmt die Spannung aber rasant ab. Miriam wurde bei dem Amoklauf angeschossen und hat ihren Freund Tobi verloren. Nachdem ihre Wunde kurz verarztet wurde, darf sie nach Hause und schließt sich von nun an tagelang in ihrem Zimmer ein und zerfließt vor Selbstmitleid. Soweit, so gut. Kann ich verstehen und ihre Gefühle sind durchaus nachvollziehbar. Anna Seidl hat bis dahin gut eingefangen, welch innere Leere in Miriam vorerst herrscht und diese innere Zerrissenheit ist auch die größte Stärke des Romans. Man erfährt in Rückblicken, dass Miriam alles andere als ein Engel war, sondern durchaus mit Schuld war an der Außenseiterrolle des Amokläufers Matias - und das bringt sie nun zum Nachdenken.

Was ich jedoch nicht gut umgesetzt fand, war alles, was außerhalb von Miriams Kopf stattfand. Ihre Familie wirkt wie ein Haufen Schaufensterpuppen. Ihre Mutter, die vor Jahren einfach wortlos verschwand, steht auf einmal wieder in der Tür und wird ohne weite Diskussion wieder in die Familie aufgenommen und zu Miriams Lebensmittelpunkt. Vater und Großeltern werden anfangs zwar vorgestellt, tauchen später aber nicht einmal mehr auf. Und auch Miriams Freunde, die in diversen Rückblicken als allerbeste Freundinnen dargestellt werden, existieren nur am Rande. Kaum dass Mal ein Wort miteinander gewechselt wird und keiner kümmert sich darum, wie der jeweils andere mit dem Erlebten umgeht. Insgesamt also eine äußerst sterile Umgebung, in der Miriams stundenlagen Monologe, mit was sie innerlich zu kämpfen hat, etwas verloren wirken. Man erfährt auch nicht, wie sehr sie angeschossen wurde. Nach der Erstbehandlung wird die Wunde jedenfalls nie wieder erwähnt. Auch das Medienecho wird ausgelassen. Es hätte mich schon interessiert, wie Miriam mit dem umgeht, was in den Medien über den Amoklauf oder auch den Schützen erzählt wird. Aber nichts dergleichen wird erwähnt.

Es sind viele wahre Worte in Miriams Gedanken zu finden und vieles regt gerade junge Leser zum Nachdenken an. Allerdings ist die Sicht deutlich zu einseitig und im luftleeren Raum gehalten, sodass sich einfach keine wirkliche Atmosphäre oder Wirklichkeitsnähe bei mir einstellen wolle und ich (bis auf die Anfangsszene) nicht wirklich mitfühlen konnte. 


Verlag: Oetinger
Seiten: 251
ISBN: 978-3789147463
Preis: 14,95 € (Hardcover)
Erscheinungsdatum: 20. Januar 2014
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1 Kommentar:

  1. Hey,

    ich finde deine Meinung zu dem Buch interessant. Sonst wurde es ja immer ziemlich hoch gelobt. Bin mal gespannt, das Buch müsste mich demnächst erreichen, wie meine Meinung ausfällt.

    LG
    Anne

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