Dienstag, 8. Oktober 2013

Sarah N. Harvey - "Arthur - oder Wie ich lernte, den T-Bird zu fahren"


























Arthur ist alt. Also so richtig alt und gebrechlich, doch sein Mundwerk funktioniert wie eh und je und schleudert den angeheuerten Pflegekräften eine Beleidigung nach der anderen entgegen, sodass es keine lange aushält. Um den grantigen Alten nicht mit ins eigene Haus holen zu müssen, bietet die Mutter von Royce ihm an, sich für ein angemessenes Gehalt die Ferien über um seinen Großvater zu kümmern. Vom Geld gelockt sagt der 16jährige Royce zu und kümmert sich um seinen schrulligen, ihm bisher unbekannten Großvater. Royce wächst mit seiner Aufgabe, arrangiert sich mit Arthurs Lebensstil und darf sogar seinen alten T-Bird fahren. Er lernt aber auch, dass sich unter der harten Schale des alten Mannes eine abwechslungsreiche Lebensgeschichte verbirgt …







„Arthur – oder wie ich lernte, den T-Bird zu fahren“ ist ein großartiges Buch. Eigentlich hatte ich keine sonderlich hohen Erwartungen an die Geschichte. Ich rechnete mit lustigen, schrulligen Episoden des Zusammenlebens von zwei ganz unterschiedlichen Generationen, aber mit mehr eigentlich nicht. Lustige Unterhaltung für zwischendurch und mehr nicht. Hinter der spaßigen Fassade verbirgt sich aber eine absolut gefühlvolle Geschichte mit Tiefgang, die aber auch nicht ermahnend oder kitschig wird. 

Was mich am meisten überzeugte, war der außergewöhnliche Schreibstil. Die Autorin schreibt treffsicher, mit einem tollen Händchen für Situationskomik, ohne dass es aufgesetzt wirkt. Oft musste ich nicht wegen der Situation selbst schmunzeln, sondern eher wegen der sprachlichen Umschreibung und dem dadurch entstehenden Kopfkino. Die einzelnen Szenen werden dabei kurz und knackig erzählt, sodass mehrere Monate auf den knapp über 200 Seiten dicht zusammenrücken. 

 Ebenso haben mich die Charaktere überzeugt. Arthur ist der grummelige Alte, der zwar auch seine weichen Momente hat, aber am Ende doch noch undurchsichtig bleibt. Viele Jahre hat er hinter sich und man merkt ihm an, wie das Leben und auch seine Krankheit seine Spuren hinterlassen haben, ohne dass man aber alles über ihn weiß. Man kann oft nur vermuten, was ihn so werden ließ, wird teilweise aber auch aufgeklärt. Royce hingegen hat mich positiv überrascht. Klischeemäßig hätte er eigentlich ein aufsässiger, stinkend fauler Jugendlicher sein müssen, der durch die Arbeit bei dem Alten geläutert wird und plötzlich seinen Sinn im Leben findet. Aber so ist es nicht. Er ist ein durchschnittlicher Jugendlicher, der die Arbeit bei Arthur freiwillig annimmt und auch verantwortungsvoll erledigt – aber er ist auch durchschnittlich faul und fängt nicht auf einmal an, das ganze Haus zu putzen oder ähnliches. Er wird nicht mittendrin in irgendeiner Form geläutert. Er ist durchweg normal, aber verfügt über einen gewissen Sarkasmus, was seine Sicht der Dinge sehr lesenswert macht. 

Nach dem Äußeren geurteilt hätte ich nicht mit einem Roman gerechnet, der mich so berührt. Gerade die klare Sprache und die Alltäglichkeit der meisten Situationen schaffen es, Lebensnähe zu vermitteln und den Leser direkt zu berühren. Für mich war dieses Buch definitiv eine positive Überraschung und ich werde es wohl noch einige Male weiterempfehlen. 



Verlag: DTV
Seiten: 240
ISBN: 978-3423650014
Preis: 13,95 € (Taschenbuch)
Erscheinungsdatum: 1. Oktober 2013

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